Am Dienstag, den 30. Mai 2023, fand in Reykjavík, Island, ein Symposium zum Thema „Musik und Exil in einer globalen Perspektive“ statt.
Das Symposium ist Teil des dreijährigen Forschungsprojekts „Exilmusiker aus Nazi-Deutschland und Österreich und ihre Rolle in der Entwicklung des Musiklebens in Island, 1935-1974“. Gerold Gruber und Josipa Bainac Hausknecht hielten den Vortrag „Art Creates Awareness: Nachlässe des Exilarte Zentrum Wien“.
© Exilarte, Josipa Hausknecht
Gerold Gruber besuchte in Reykjavik die Familie des isländischen Exilkomponisten Victor Urbancic, der 1903 in Wien geboren wurde. Er studierte an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien (also der heutigen mdw) Komposition, Dirigieren und Musikwissenschaft. Schon während seines Studiums arbeitete er als Kapellmeister für Schauspielmusik am Theater in der Josefstadt.
1926 bis 1933 war er als Solorepetitor, Operettenkapellmeister und schließlich Opernkapellmeister am Stadttheater Mainz tätig. Als 1933 Hitler an die Macht kam, war Urbancic bereits mit Dr. Melitta Grünbaum verheiratet. Die Familie zog wieder nach Österreich. Urbancic setzte ab 1934 seine Unterrichtstätigkeit am Konservatorium des Musikvereins für Steiermark in Graz fort. Nur ein halbes Jahr später wurde er als stellvertretender Direktor des Konservatoriums beauftragt und nahm schnell eine wichtige Position im Grazer Konzertleben ein. Gerade das Grazer Konservatorium wurde um 1936 herum zu einer Keimzelle „neuer völkischer Musikerziehung“ der Nationalsozialisten. Nach dem Einmarsch der Hitlertruppen in Österreich wurde die Familie zur Flucht gezwungen. So gelangte Urbancic nach Island, wo er als einer der Pioniere des modernen Musiklebens galt.
Der Großteil des Nachlasses von Victor Urbancic befindet sich in Reykjavik. Sibyl Urbancic (die Tochter von Victor Urbancic) wird den Nachlass ihres Vaters, der sich noch in ihrer Wiener Wohnung befindet, an das Exilarte Zentrum übergeben.