Dauerausstellungen

„Wenn ich komponiere, bin ich wieder in Wien“

(Robert Fürstenthal)

jetzt als Dauerausstellung – Eingang Exilarte Zentrum

Einer ganzen Generation an jüngeren Musikern und Musikerinnen wurde durch diese kulturelle Katastrophe die Aufnahme an der mdw verwehrt.

Das Exilarte Zentrum der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, befindet sich genau an jener Stelle, wo ab 1913/14 hervorragende KünstlerInnen sowohl als Lehrende sowie Studierende tätig waren. Viele von ihnen mussten 1933 bzw. 1938 Europa verlassen und flohen vor dem Terror der Nationalsozialisten. Einige von ihnen konnten ihre Karriere fortsetzen, andere hatten die Grundlage ihres Schaffens verloren. Andere wiederum hatten keine Chance aufgrund der historischen und menschlichen Katastrophe ein Studium an der mdw zu beginnen. Den unterschiedlichen Lebensschicksalen ist diese erste Ausstellung des exil.arte Zentrum der mdw gewidmet.

Georg Tintner

Er war der erste jüdische Sängerknabe, studierte an der mdw, war Farmer in Neuseeland und wurde zu einem der besten Bruckner-Dirigenten, mit einem Provinzorchester, welches bis heute kaum bekannt ist.

Herbert Zipper

Er studierte an der mdw, konnte Dachau und Buchenwald entkommen, übernahm das Manila Symphonieorchester und das Brooklyn Symphonieorchester, unterhielt pädagogische Konzepte in Südostasien bis zu seinem Tod, war Leiter von Projekten an der UCLA.

Alma Rosé

Sie studierte an der mdw, trat gemeinsam mit ihrem Vater auf, dem Primgeiger eines der besten Quartette und Konzertmeister der Philharmoniker, nach der Entlassung des Vaters flüchtete sie mit ihm nach England, aus Geldmangel musste sie auf den Kontinent zurück, wo sie verhaftet und nach Auschwitz deportiert wurde, wo sie das „Mädchenorchester“ leitete.

Walter Arlen

Er wurde als Jude vom Gymnasium ausgeschlossen, musste nach einem Jahr fliehen und konnte daher nicht an der mdw studieren, er wurde Musikkritiker der LA Times, gründete und leitete ein Musikdepartment in LA, seine Kompositionen sind erst seit 8 Jahren bekannt, 6 CD wurden bislang aufgenommen, lebt als aufstrebender Komponist mit fast 97 Jahren in LA.

Robert Fürstenthal

Er musste Wien und seine Jugendliebe verlassen, um sich vor den Nazis zu retten, konnte nie eine Ausbildung an der mdw oder andernorts absolvieren, traf seine Jugendliebe nach mehr als einem halben Jahrhundert wieder, welche ihn zum Komponieren animierte.

Erich Wolfgang Korngold

Er war ein Wunderkind, war als Opernkomponist in ganz Europa ein Begriff, lehrte an der mdw, musste die Kriegszeit als Filmkomponist unfreiwillig in Hollywood ausharren, nach dem Krieg hatte man für seine opulente Musik keine Verwendung mehr, man meinte sogar, dass seine Musik wie Filmmusik klinge, aber in Wirklichkeit war es genau umgekehrt.

Präsentation der Exilarte Nachlässe

Dauerausstellung – Ausstellungsraum

Im Rahmen der aktuellen Ausstellung werden zwölf Nachlässe aus dem Archiv des Exilarte Zentrum präsentiert. Diese Nachlässe geben Einblick in die Lebensschicksale der vertriebenen KomponistInnen, deren Werke an mehreren Audio-Stationen wieder zum Klingen gebracht werden. Über 30 Kompositionen lassen die enorme Stilvielfalt der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erahnen, bevor der Nationalsozialismus einen tiefen Krater des Barbarismus in die europäische Landschaft gerissen hat.

Ausgestellte Nachlässe: Anita Bild, Walter Bricht, Theo Buchwald, Julius Bürger, Robert Freistadtl, Richard Fuchs, Hans Gál, Wilhelm Grosz, Egon Lustgarten, André Singer, Jan Urban, Hans Winterberg

Die Audiostationen sind mit QR-Code anwählbar oder können mittels Kopfhörer abgehört werden.  Am Eingang der Ausstellung steht Einweg-Plastikschutz für die Kopfhörer zur Verfügung.

Das Emmy und Egon Wellesz-Klavier

Dauerausstellung – Raum A 0103

© Iby-Jolande Varga

Die Geschichte des Klaviers

  • Standort bis 1938: Kaasgraben-Künstlerkolonie (1190 Wien, Kaasgraben 36-38, erbaut von Josef Hoffmann) 
  • Juli 1938: Emigration nach Oxford gemeinsam mit den Töchtern Magda (1909-2006) und Elisabeth (1912-1995), Egon Wellesz erhält eine Professur in Oxford 
  • Verkauf an Les Thompson, Musiklehrer und Schüler Wellesz’: Das Verhältnis zu Les Thompson war sehr eng – Emmy erzählte seiner Frau Marjorie, dass sie in Les ihren Sohn sahen, den sie nie hatten. Nach seinem Gehirnschlag wollte Egon Wellesz nur mehr Kontakt mit Emmy und Les. Immerhin sangen Egon und Les noch gemeinsam Opern (Egon Wellesz konnte zwar nicht mehr sprechen, aber noch immer singen) 
  • Der Flügel wurde von dessen Tochter Rachel Thompson zur Auktion (7. April 2016, Piano Auctions Ltd.) nach London gebracht 
  • Auf einen Hinweis von Tanya Tintner ersucht Gerold Gruber Rachel Thompson das Klavier aus der Auktion zu nehmen und der mdw zu verkaufen – Rachel Thompson entnimmt es schließlich der Auktion 
  • März 2016: Kauf des Flügels durch das exil.arte Zentrum der mdw
  • Juni 2016: Rücktransport durch G&R Removals nach Wien 
  • Februar 2017: Restauration durch Gert Hecher 
  • Mai 2017: erstmalige Präsentation des Wellesz-Klaviers im Rahmen der Ausstellung “Wenn ich komponiere, bin ich wieder in Wien” des Exilarte Zentrum der mdw

Weitere Informationen zum Klavier

Bösendorfer-Flügel
(225 cm) „Mahagoni Mod. 4“
Baujahr November 1908/Februar 1909
Verkaufsnummer 18913 (Arbeitsnummer 10081)

Emmy Wellesz, geb. Stross
(Wien, 1889 – 1987, Wien)
Kunsthistorikerin (Spezialgebiet: 
Byzantinistik), Promotion 1921 

Egon Wellesz
(Wien, 1885 – 1974, Oxford)
Komponist und Musikwissenschaftler 
(Spezialgebiete: Alte Musik, Neue Musik, 
Byzantinische Neumen), Promotion 1908 

Als „Hochzeitsgeschenk” von Emmys Vater gekauft,
Kommerzialrat Ludwig Stross, Ebendorferstraße 8, 1010 Wien

© Iby-Jolande Varga