Autor: Stephanie Jacobson
„Mein Lied für Dich“ – Marta Eggerth und Jan Kiepura zwischen zwei Welten
Ausstellung des exil.arte Zentrums der
mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
Eröffnung: Oktober 2020
Wer kennt sie nicht: Marta Eggerth und Jan Kiepura, das Traumpaar in Film, Oper und Operette – die Superstars der Mitte des 20. Jahrhunderts? Ihre Stimmen haben die Massen begeistert, haben die Genres miteinander verwoben und Menschen in einer Zeit zur Oper und Operette bekehrt, als man diese schon längst an ihrem Ende wähnte. Ihre Auftritte waren für die Medien wie für die Politik stets ein Ereignis. Man konnte sich dem Charisma und der Ausstrahlung der beiden nicht entziehen. Marta Eggerth und Jan Kiepura haben Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks verzaubert und verführt. Ihr einzigartiges Timbre bewegt noch heute.
Gleichwohl waren sie 1938 nach dem „Anschluss“ an Nazideutschland gezwungen, Österreich, das die ungarische Sopranistin und der polnische Tenor zu ihrer neuen Bleibe erkoren hatten, den Rücken zu kehren: Jan Kiepura war im Februar 1938 für ein Engagement an der Metropolitan Opera nach New York gegangen; bei einem Auftritt in Paris im September 1939 (in den Tagen des Überfalls auf Polen und des Beginns des Zweiten Weltkriegs) mussten die beiden aber erkennen, dass eine Rückkehr nach Wien nicht mehr in Frage kam. Das verschwundene Österreich und das wienerische Flair nahmen sie aber mit sich nach New York. Ihr Schicksal teilten unzählige KünstlerInnen, Librettistinnen und Librettisten, Komponistinnen und Komponisten sowie MusikerInnen. Viele folgten ihnen ins Exil, viele wurden aber auch verhaftet, eingekerkert und ermordet – viele von ihnen fielen der Vergessenheit anheim.
Die Ausstellung „Mein Lied für Dich“ zeigt die Bühnen- und Filmkarrieren sowie das musikalische Erbe des Traumpaars Kiepura/Eggerth, weist aber auch auf die Schicksale zahlreicher dem Paar in Freundschaft Verbundener, Gefährtinnen und Gefährten, Kolleginnen und Kollegen hin, welche ihre Auftritte und ihr Bühnenleben begleiteten und denen es der Nationalsozialismus verwehrte, einen Platz im kollektiven Gedächtnis zu finden.
Ferner im Fokus der Ausstellung: Paul Abraham, Carl Alwin, Ralph Benatzky, Robert Gilbert, Fritz Grünbaum, Maria Jeritza, Emmerich und Charles Kálmán, Erich Wolfgang Korngold, Lotte Lehmann, Fritz Löhner-Beda, Paul Morgan, Artur Rubinstein, Mischa Spoliansky, Billy Wilder und ca. 100 weitere Personen
Online-Vortrag mit Gregorij H. von Leitis und Michael Lahr | 6. Juli 2020
Lew Nussimbaum, alias Essad Bey, alias Kurban Said:
Grenzgänger – Kosmopolit – Jüdischer Moslem – Orientalist im Exil
Gregorij H. von Leitis, Gründungsintendant von Elysium und Träger des New York Theater Club Preises und Träger des österreichische Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst, liest aus dem fantastischen Werk von Lew Nussimbaum.
Einführung: Michael Lahr, Programmdirektor von Elysium / Direktor The Lahr von Leitis Academy & Archive
In seinem kurzen Leben kommt der russisch-jüdische Schriftsteller Lew Nussimbaum (1905 – 1942) mit allen Strömungen des frühen 20. Jahrhunderts in Berührung: Kommunismus, Faschismus und Nationalsozialismus. Aus dem von der Oktoberrevolution erfassten Baku nach Berlin geflohen, konvertiert er dort 1922 zum Islam und ändert seinen Namen in Essad Bey. Er beginnt zu schreiben, vor allem für Die literarische Welt von Willy Haas. Sein erstes Buch Öl und Blut im Orient wird gleich zum Bestseller. In rascher Folge schreibt er 13 weitere Bücher, unter anderem Biographien über Mohammed, Stalin und Nikolaus II. 1936 veröffentlicht er unter dem Pseudonym Kurban Said den Roman Ali und Nino, eine an der Schnittstelle zwischen Islam und Christentum spielende Romeo und Julia-Geschichte. Vor den Nazis flieht er nach Wien, und schließlich nach dem „Anschluss“ nach Italien, wo er 1942 in Positano an einer seltenen Krankheit stirbt.
Das Lahr von Leitis Archiv ist seit 2018 Teil des exil.arte Zentrum der mdw.
Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust | 27.Jänner 2020
Gedenkveranstaltung des Parlaments am 27. Jänner 2020 erinnert an 75. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Bundesratspräsident Robert Seeber luden am 27. Jänner zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust zu einer Gedenkveranstaltung in die Wiener Börsensäle. Mit der Veranstaltung wurde insbesondere der Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau gedacht, die sich heuer zum 75. Male jährte.
Nach der Begrüßung durch Bundesratspräsident Seeber sprach der Generalsekretär der IKG Wien Benjamin Nägele Worte des Gedenkens. Über die vier Komponisten, deren Werke den Abend musikalisch umrahmen, spracht Gerold Gruber, Leiter des Forschungszentrum exil.arte; Viktor Ullmann, Hans Krása, Gideon Klein und Pavel Haas wurden nach Auschwitz deportiert und dort oder in einem der Nebenlager ermordet.
Begrüßung
Robert Seeber
Präsident des Bundesrates
Zum Gedenken
Benjamin Nägele
Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde Wien
Keynote
„Auschwitz bleibt uns anvertraut“ –
Gedanken zu „Befreiung“ und „Vermittlung“
Martha Keil
Direktorin des Instituts für jüdische Geschichte Österreichs (St. Pölten)
Schlussworte
Wolfgang Sobotka
Präsident des Nationalrates
Moderation
Robert Ziegler
Chefredakteur ORF Niederösterreich
Musikalische Umrahmung
exil.arte unter der Leitung von Gerold Gruber
MusikerInnen:
Freya Tuppy (Geige)
Lily Nigamedzyanova (Bratsche)
Christine Roider (Cello)
Zuzana Poláková (Sopran)
Yuto Kiguchi (Klavier)
Konzertreihe „Echo des Unerhörten“ – Berg, Herschkowitz und Schüler | 23. Jänner 2020
Elisabeth Leonskaja und Sara Hershkowitz interpretieren Berg, Herschkowitz und Schüler
exil.arte Konzert „Echo des Unerhörten“ im ORF Radiokulturhaus, Großer Sendesaal
Die beiden Ausnahmekünstlerinnen Pianistin Elisabeth Leonskaja und Sängerin Sara Hershkowitz gestalten ein Programm mit Werken des Alban Berg-Schülers Philip Herschkowitz und zweier sehr unterschiedlichen SchülerInnen aus der ehemaligen Sowietunion.
Der in Rumänien 1906 geborene Herschkowitz war zuerst Student bei Joseph Marx an der Wiener Musikakademie (heute Universität für Musik und darstellende Kunst Wien), bevor er Schüler von Alban Berg und Anton Webern wurde. 1939 wurde er vom NS-Regime zur Flucht nach Jugoslawien gezwungen. Nach einem mehrjährigen Exil in Taschkent beabsichtigte er nach Wien zurückzukehren, was aber aufgrund der politischen Lage in der Sowietunion misslang. Daher ließ er sich 1946 in Moskau nieder, wo er Privatunterricht gab. Seine Kompositionstechnik war als „formalistisch“ verpönt, gleichzeitig stand er unter antisemitischer Bedrohung durch die Machthaber. 1949 wurde er aus dem Komponistenverband eliminiert. Herschkowitz war zeit seines Lebens ein einflussreicher Lehrer und unterrichtete unter anderem Edison Denisov, Elena Firsova, Alfred Schnittke, Sofia Gubaidulina, Boris Tischenko und beeinflußte auch die Musikologen Mikhail Druskin, Natan Fishman und Yuri Kholopov.
Auch die junge Pianistin Elisabeth Leonskaja zählte zu seinen SchülerInnen.
Im Gespräch mit Irene Suchy werden die beiden Künstlerinnen über ihren persönlichen Zugang zu Philip Herschkowitz sprechen und seine Werke interpretieren.
Elisabeth Leonskaja, Klavier
Sara Hershkowitz, Sopran
Ulrike Anton, Flöte
Moderation: Dr. Irene Suchy
PROGRAMM
Alban Berg: Sonata für Klavier, op.1
Alban Berg: Frühe Lieder
Philip Herschkowitz: Miniaturen für Klavier
Philip Herschkowitz: Lieder nach Gedichten Paul Celans
Edison Denisov: Vier Gedichte von Gérard de Nerval für Sopran, Flöte und Klavier
Elena Firsova: Zwei Inventionen für Flöte solo
Donnerstag | 23 01 2020 | 19:30 Uhr
exil.arte Konzert „Echo des Unerhörten“
ORF Radiokulturhaus, Großer Sendesaal
Argentinierstraße 30a, 1040 Wien
Tickets ab sofort hier erhältlich.
Eintritt: EUR 27,–
Ermäßigungen:
ORF RadioKulturhaus-Karte 50%, Ö1 Club 10%
Vertrieben, verfolgt, verboten – Europäische Musik und die Folgen des Nationalsozialismus, aktuelles Seminar an der mdw
© The Association of Jewish Regufees | Sarah Lawrence College Archives
Ein Seminar des Exilarte Zentrum an der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, als Angebot für alle Studienrichtungen als Wahlfach (Sommer – und Wintersemester)
Vortragende: a.o. Univ.-Prof. DDr. h.c. Gerold Gruber, Dr. Ulrike Anton, Dr. Michael Haas
ZIELE
- die Pluralität der Musik zeigen, die durch die Machtergreifung der NSDAP verhindert und zerstört wurde
- die Interaktion zwischen Kultur und Politik beschreiben
- das durch die Nationalsozialisten verlorengegangene Repertoire wiederentdecken
- Auseinandersetzung mit KZ – Emigration – Exil – Nachkriegszeit
ERGEBNISSE
- Studierenden soll ein umfassendes Wissen über die Vielschichtigkeit des Musikschaffens vermittelt werden
- Beschäftigung mit zum Großteil vergessenen KomponistInnen und deren Werken
- Analyse der musikalischen Strömungen und verschiedener Stilrichtungen
- Auswirkungen von Politik, Religion und sozialem Umfeld auf das Kulturschaffen
- Studierende sollen neues Repertoire für sich entdecken
AUSSICHT
- Kennenlernen von unbekanntem Repertoire
- Bewusstwerden der kulturellen Verantwortung
- Einfluss der Migration auf die Exilländer
- Auseinandersetzung aus heutiger Sicht
- Wissenschaftliche und künstlerische Interpretation im Einklang
- Analyse der verschiedenen Stilrichtungen
- Anpassung an die jeweilige Studienrichtung
KONTAKT: info@exilarte.org
Exilarte Hörtipp: Hans Winterberg – Auf der Suche nach einem vergessenen Komponisten | 11. Oktober 2019
Gerold Gruber, Ulrike Anton und Michael Haas sind zu Gast bei Andreas Pehl vom Bayerischen Rundfunk und sprechen über den außergewöhnlichen Lebensweg und die Werke des von den Nationalsozialisten verfolgten Komponisten Hans Winterberg.
Bayerischer Rundfunk Klassik am Freitag, 11. Oktober 2019, 19:05 – 20 Uhr
Eine Wiederholung der Sendung findet am
Samstag, 12. Oktober um 14:05 Uhr statt.
Die Sendung ist über den Live-Stream des Bayerischen Rundfunks zu hören und steht auch über die Mediathek bzw. das Podcast Service des BR zur Verfügung.
ORF Lange Nacht der Museen | 5. Oktober 2019
Am Samstag, dem 5. Oktober 2019, fand die diesjährige „ORF Lange Nacht der Museen“ in ganz Österreich zum 20. Mal statt.
Das exil.arte Zentrum der mdw freute sich heuer das erste Mal dabei gewesen zu sein und neben besonderen Programmpunkten gab es auch Führungen durch die laufende Ausstellung.
SONDERVERANSTALTUNGEN im Rahmen der ORF Lange Nacht der Museen
1) Konzert: Echo des Unerhörten (Beginn: 18:30 Uhr)
Programm:
Hans Gál (1890 – 1987) – Concertino für Flöte und Streichquartett, op. 82
Julius Bürger (1897 – 1995) – Streichquartett Nr. 2
Hans Winterberg (1901 – 1991) – Streichquartett 1957/1970
Das WISE – Wien International Soloists Ensemble bringt vergessene Werke dieser Komponisten zum Klingen.
Andrea Nikolić, Violine
Jonathan Cano, Violine
Marta Potulska, Viola
Anzél Gerber, Violoncello
Ulrike Anton, Flöte
2) Schauspielerlesung „Briefe von Erwin Piscator“ (Beginn: 20:30 Uhr)
Gelesen und interpretiert von Tamara Stern und Hubert Wolf
Textauswahl: Susanne Abbrederis
Tamara Stern
Tamara Stern wurde in Berlin geboren. Sie erhielt ihre Schauspielausbildung in Tel Aviv, war im Ensemble des Gesher Theaters und wurde 2000 mit dem Israelischen Theaterpreis als beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnet. Danach spielte sie an verschiedenen österreichischen und deutschen Theatern, u.a. in der Drachengasse Wien, in Innsbruck und Bozen. Am Vorarlberger Landestheater spielte sie zuletzt „Die Sisters of Swing“, „Die acht Frauen“ und „Ich Zarah“. Ihre Paraderolle „Lola Blau“ von Georg Kreisler spielte sie 7 Spielzeiten vor ausverkauftem Haus. Seit 2016 koproduziert sie mit dem Off-Theater Wien: „Lola Blau“, „Ich Zarah“ und zuletzt die dritte Produktion „Kein Groschen. BRECHT!“.
Hubert Wolf
Nach seiner Schauspielausbildung übernahm Hubert Wolf ab 1989 zahlreiche Haupt-und Nebenrollen in Theater-und Fernsehproduktionen, u.a. in “Hochschwab“ am Schauspielhaus Wien, „Go West“ im Metropol, im Fernsehen u.a. in „Trautmann“, „Kommissar Rex“, „Schnell ermittelt“ und viele weitere.In den vergangenen Jahren in der „Komtesse Mizzi“ und „Der Schwierige“ auf der Tillysburg, zuletzt Jacobus in „Da Jesus und seine Hawara“ und Fürst Plata-Ettin in Olympia“ von Franz Molnar Festspiele Schloss Tillysburg 2019.
3) Konzert: Von der Lower East zur Upper West Side (Beginn: 22:30 Uhr)
Musik der Jiddischen Bühnen und Wiener Cafés im New York der 1930er und 40er Jahre. Esther Wratschko und ihr Ensemble (Lili Weinhandl & Andrew Gorman) interpretieren Lieder von Leopoldi, Berg u.a.
Programm:
Alexander Olshanetsky: Ikh hob dikh tsufil lib
Abraham Ellstein: Abi gezunt
Shalom Secunda: Bay mir bistu sheyn
Jimmy Berg: Man stellt sich um!
Hermann Leopoldi: Ja da wär´s halt gut, wenn man Englisch könnt
Jimmy Berg: Small Café near Central Park West
Symposium „Jüdische Musik in Süddeutschland“ in München | 11. – 12. Juli 2019
Das von Tina Frühauf initiierte internationale Symposium „Jüdische Musik in Süddeutschland“ fand am 11. und 12. Juli 2019 an der Hochschule für Musik und Theater in München statt. Es wurde ein breites Spektrum der bis 1933 in Süddeutschland vorherrschenden kompositorischen Kreativität präsentiert. Das Symposium beinhaltete sowohl Beiträge zu weltlichen als auch liturgischen Werken. Das exil.arte Zentrum wurde von DDr. Prof. Gerold Gruber und Dr. Ulrike Anton, die ihre Vorträge über Person und Werk von Hans Winterberg präsentierten sowie von Dr. Michael Haas, der über den Kulturbund und den neuseeländischen Exilkomponisten Robert Fuchs sprach, vertreten. Dokumente über Hans Winterberg und auch der Nachlass von Robert Fuchs befinden sich im Archiv des exil.arte Zentrum.
Forbidden Music – “Jewish Destiny” and the defiance of Richard Fuchs
Senior Researcher Michael Haas hat auf seinem Blog „Forbidden Music“ einen neuen Beitrag über Richard Fuchs mit dem Titel „Jewish Destiny“ and the defiance of Richard Fuchs veröffentlicht.
Lesen Sie den Artikel hier.
Fuchs studierte Architektur und Musik in Karlsruhe. Er arbeitete nach dem Ersten Weltkrieg als promovierter Architekt, viele seiner Bauten wurden mit Preisen ausgezeichnet. 1935 erhielt er ein Berufsverbot und die Synagogen, die er baute, wurden während der Reichspogromnacht niedergebrannt. Erst im Jüdischen Kulturbund machte er sich als Komponisten einen Namen. Er flüchtete aus Deutschland über England nach Neuseeland. Sein Hauptinteresse war die Umsetzung einer Synthese zwischen jüdischer und deutscher Musik.