Der 1901 in Prag geborene Komponist und Pianist Hans (Hanuš) Winterberg fand seine letzte Ruhestätte 1991 in Bad Tölz. Winterberg, Schüler von Alexander von Zemlinsky, gehörte in den 1930er Jahren zur musikalischen Elite der Tschechoslowakei und wurde aufgrund seiner jüdischen Abstammung am 26. Jänner 1945 ins KZ Theresienstadt deportiert. Winterbergs faszinierendes Oeuvre wird erst seit kurzem wiederentdeckt und in einer Kooperation zwischen dem Exilarte Zentrum der mdw und dem Verlag Boosey & Hawkes veröffentlicht.
Eine Vorreiterrolle bei dieser Winterberg-Renaissance spielt der international renommierte englische Pianist Jonathan Powell. Der 2021 mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik Ausgezeichnete stellt Winterberg in den Kontext der tschechischen Klaviermusik und schlägt eine Brücke zwischen tschechischen und zeitgenössischen Wiener Traditionen. Ein Höhepunkt des Recitals ist die Uraufführung der 4. Klaviersonate Winterbergs.
Im Anschluss beleuchtet eine Diskussionsrunde Winterbergs Biographie, Schaffen und Wiederentdeckung seines Nachlasses vor dem Hintergrund der geschichtlichen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts.
Veranstaltung in Kooperation mit Sing- und Musikschule Bad Tölz, Peter Puskas, Bayerischer Rundfunk, Tschechisches Zentrum München, Kulturreferat für die böhmischen Länder im Adalbert Stifter Verein
Das renommierte Duo – Cellistin Vida Vujic und Pianistin Sybilla Konstantinova – widmet sich den Cellosonaten von Walter Würzburger und Walter Bricht, deren Nachlässe sich im Archiv des Exilarte Zentrums befinden.
SONDERVERANSTALTUNGEN im Rahmen der ORF Lange Nacht der Museen
1) „Das Liedschaffen von Erich Wolfgang Korngold“, Vortrag mit Musik (Beginn: 18:15 Uhr)
Eröffnung: Gerold Gruber, Leiter des Exilarte Zentrum
Kurt Arrer hat sich seit Jahrzehnten mit dem Komponisten Erich Wolfgang Korngold sowie mit seinem Vater Julius Korngold intensiv beschäftigt. Er gilt als Experte auf dem Gebiet der Übertragung der schwer lesbaren Schrift von Julius Korngold. Der Vortrag des Zeitgeschichtlers Arrer wird sich dem Liedschaffen des Komponisten widmen. Begleitend zu dem Vortrag interpretieren die Sängerinnen Arabella Fenyves und Josipa Bainac mit dem Pianisten David Hausknecht Werke von Erich Wolfgang Korngold.
Alle 2 Jahre findet in Schwerin ein Wettbewerb statt, der ausschließlich der verfemten Musik gewidmet ist. Dabei vergibt Exilarte einen speziellen Preis, durch den die Preisträger:innen die Möglichkeit erhalten, an einem Konzert in Wien teilzunehmen. Das ausgezeichnete Duo mit Ruben Mirzoian(Klarinette) und Philipp Thönes (Klavier) haben besonders überzeugt. Sie werden u.a. Werke von Joseph Horovitz (der im vergangenen Jahr in London verstorben ist) und Paul Hindemith interpretieren.
3) „ Tif vi di Nakht“ mit Ethel Merhaut und Freunden (Beginn: 22:00 Uhr)
Während Hits wie „Das gibts nur einmal“ oder „In der Bar zum Krokodil“ in Österreich und Deutschland zu absoluten Kassenschlagern wurden, sorgten jiddische Songs wie „Glik” und „Zog es mir nokh amol“ im New York der 30er-Jahre für ausverkaufte Theatersäle. „Tif wie die Nacht“, benannt nach einem Tango von Abraham Ellstein, spannt einen musikalischen Bogen von Europa nach Amerika und verbindet die deutschsprachige und jiddische Musikszene der goldenen 20er- und rauschenden 30er-Jahre. Gemeinsam mit ihrem herausragenden Ensemble lustwandelt Ethel Merhaut virtuos zwischen Chanson, Jazz und Swing und entführt das Publikum in die goldene Ära der Film- und Unterhaltungsmusik. Musik von Richard Werner Heymann, Abraham Ellstein, Robert Stolz, Sholom Secunda. Texte von Molly Picon, Fritz Löhner-Beda, Peter Herz, Bella Meissel …
4) Blitzführungen durch die Ausstellung (ab 18:30 Uhr)
Fritz Kreisler – Ein Kosmopolit im Exil. Vom Wunderkind zum „König der Geiger“
Leben und Werk des berühmten Geigenvirtuosen Fritz Kreisler werden in der neuen Ausstellung des Exilarte Zentrum mit Bildern, Notenmaterialien, Lebens- und Tondokumenten präsentiert. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialist:innen in Deutschland waren die Auftritte des Stargeigers aufgrund seiner jüdischen Herkunft von Störungen und Boykottaufrufen begleitet. Auch seine Kompositionen wurden nicht mehr gespielt. Im September 1939 immigrierte er in die USA, wo er sich mit seiner Frau Harriet in New York niederließ.
EINTRITT
Tickets können direkt im Exilarte Zentrum gekauft werden!
Exilarte Zentrum der mdw, Lothringerstraße 18 / 1. Stock, 1030 Wien
Freier Eintritt für Kinder bis 12 Jahre *ermäßigte Tickets für Schüler/innen, Studierende, Senior/innen, Menschen mit Behinderungen, Präsenzdiener und Ö1-Club-Mitglieder. Bitte vor Ort entsprechenden Nachweis bereithalten.
unter der Schirmherrschaft der Botschaft der Republik Kroatien in der Republik Österreich in Zusammenarbeit mit dem Exilarte Zentrum der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien, der ÖAW – Österreichischen Akademie der Wissenschaften, dem Kroatischen Kulturverein in Wien „Matica Hrvatska Beč“ und dem Verein Tonwerk – Forum für Neue Musik
10 Jahre Kroatien in der EU (2023) | 100.Todestag der Komponistin Dora Pejačević (2023) | kroatisches Präsidium IHRA (2023) | 150. Geburtstag Karl Kraus (2024) | 150. Geburtstag Arnold Schönberg (2024) | 150. Geburtstag Antun Gustav Matoš(2023)
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Im Schaffen der kroatischen Komponistin Dora Pejačević (1885-1923) nimmt die Komposition Verwandlung sowohl aufgrund ihrer musikalischen Bedeutung als auch aufgrund ihres Entstehungskontextes einen besonderen Platz ein: das Vokalwerk für Alt, Violine und Orgel oder Klavier wurde auf Verse des österreichischen Schriftstellers und Journalisten Karl Kraus (1874-1936) im Frühjahr 1915 komponiert und war für die Hochzeit ihrer gemeinsamen Freundin Sidonia Nádherný von Borutin gedacht, die jedoch nicht stattfand. Kraus plante, die Komposition 1916 in Wien aufzuführen, aber wegen der Verspätung der Partitur und Problemen mit den Interpreten kam die Aufführung nicht zustande. In der Korrespondenz zwischen Kraus und Nádherný wurde festgehalten, dass Kraus die Komposition Arnold Schönberg zeigte, der – trotz seiner Skepsis gegenüber einer Frau als Komponistin – das Werk lobte und sich für dessen Aufführung einsetzte.
Verwandlung von Dora Pejačević ist eines der charakteristischen Werke der Moderne; Schönberg wies besonders auf das Interludium vor dem Eingang des Textes „Heute ist Frühling“ hin. Die Begegnung mit Kraus‘ Lyrik war offensichtlich anregend für Dora Pejačevićs Abkehr von den traditionellen Mustern und der periodischen Form hin zu einem freieren Fluss der musikalischen Phrasen und einer expressiven Harmonik.
Das Symposium ist Teil des dreijährigen Forschungsprojekts „Exilmusiker aus Nazi-Deutschland und Österreich und ihre Rolle in der Entwicklung des Musiklebens in Island, 1935-1974“. Gerold Gruber und Josipa Bainac Hausknecht hielten den Vortrag „Art Creates Awareness: Nachlässe des Exilarte Zentrum Wien“.
Symposiumssprecher G. Gruber, A. Ingolfsson, A. Dümling
Symposiumeröffnung mit Grazer Universitätschor unter der Leitung von F. M. Herzog
Gerold Gruber mit Familie Urbancic
Gerold Gruber besuchte das Grab von Victor und Melitta Urbancic
Gerold Gruber besuchte in Reykjavik die Familie des isländischen Exilkomponisten Victor Urbancic, der 1903 in Wien geboren wurde. Er studierte an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien (also der heutigen mdw) Komposition, Dirigieren und Musikwissenschaft. Schon während seines Studiums arbeitete er als Kapellmeister für Schauspielmusik am Theater in der Josefstadt.
1926 bis 1933 war er als Solorepetitor, Operettenkapellmeister und schließlich Opernkapellmeister am Stadttheater Mainz tätig. Als 1933 Hitler an die Macht kam, war Urbancic bereits mit Dr. Melitta Grünbaum verheiratet. Die Familie zog wieder nach Österreich. Urbancic setzte ab 1934 seine Unterrichtstätigkeit am Konservatorium des Musikvereins für Steiermark in Graz fort. Nur ein halbes Jahr später wurde er als stellvertretender Direktor des Konservatoriums beauftragt und nahm schnell eine wichtige Position im Grazer Konzertleben ein. Gerade das Grazer Konservatorium wurde um 1936 herum zu einer Keimzelle „neuer völkischer Musikerziehung“ der Nationalsozialisten. Nach dem Einmarsch der Hitlertruppen in Österreich wurde die Familie zur Flucht gezwungen. So gelangte Urbancic nach Island, wo er als einer der Pioniere des modernen Musiklebens galt.
Der Großteil des Nachlasses von Victor Urbancic befindet sich in Reykjavik. Sibyl Urbancic (die Tochter von Victor Urbancic) wird den Nachlass ihres Vaters, der sich noch in ihrer Wiener Wohnung befindet, an das Exilarte Zentrum übergeben.
Gabriele Proy: Alchemilla Vulgaris, für Oboe und Streichtrio Hans Gal: Concertino für Flöte und Streichquartett Meinhard Rüdenauer: Capricen für Streichquartett, gewidmet dem CIPRA Quartett, UA Antal Dorati: Nocturno und Capriccio, für Oboe und Streichquartett (1926) Julius Bürger: Streichquartett Nr.2 Hans Winterberg: Streichquartett 1957 Michael Paulus: Zweisinn, für Klavier, Violine / Viola, Oboe und Stimme
Im Rahmen des Konzerts „Vorahnung“ werden Liedkompositionen des vertriebenen österreichischen Komponisten Victor Urbancic zu hören sein. Die zum Großteil bis zu seinem zwanzigsten Lebensjahr entstandenen Kompositionen werden begleitet von Texten seiner Ehefrau Melitta Urbancic, gelesen von Julia Stemberger.
Dienstag, 06. Juni 2023, 19:00 Uhr Universität für Musik und darstellende Kunst Wien Franz Liszt-Saal (3. Stock) Lothringerstraße 18, 1030 Wien
Eintritt frei! Anmeldung zur Reservierung Ihrer Sitzplätzehier.